Cornwall kann man eigentlich nicht beschreiben, man muss es erleben. Nein, so einen larifari-Einstieg hat dieses wunderschöne Erdstück nicht verdient. Also für alle, die noch nicht da waren, ein paar Stichwörter:
Cornwall ist Küste, Meer, Wind, grün und türkis, ist Manor, Castle und Cottage, ist Parks&Gardens, ist Menhire und Kupferminen, ist rauh und lieblich, ist Tea mit clotted cream und Scones, ist (ja, man muss es erwähnen) Rosamunde Pilcher und Daphne du Maurier, ist Moor und Fogou, ist King Arthur und Nebel von Avalon, Rhododendren und Seetang, ist Surfen und Bootchen fahren, Schlossgespenst und BSE, ist Fish&Chips und cornish pasties, Land´s End und England's southernmost house, ist Satellitenananlage und D-Day und King Henry VIII und Queen Elizabeth I und II, ist leider auch Camilla, Duchess of Cornwall, aber auch Duchy Originals, des Prinzen organische superteure Kekse, ist fast so autonom wie Schottland und Wales und auch genauso untypisch deutschfreundlich (nicht umsonst fahren vor den Autos deutscher Damen cornische Schlitten mit dem Aufkleber "Go on and grab yourself a Cornishman"). Cornwall ist gute Luft, überraschend viel Sonne, selten Nebel, ist Licht und Wasser und Tor zu den sieben Weltmeeren.
Cornwall, ich muss dich wiedersehen.
Reisen bildet. Wer eine Reise macht, der kann was erleben. Das ganze Leben ist eine einzige Reise. Wir reisen durch die Zeit. Ist das so? Lesen Sie selbst - und reisen Sie in Gedanken.
17.12.2009
16.12.2009
Edgar Wallace, der Schwarze Abt, der Frosch ohne Maske und das Hotel in der Toskana
So, wie bereits auf Twitter angekündigt, werde ich hier mal aus dem Spukschloss plaudern. Um das ganze besser zu verstehen, muss ich sagen, dass ich zum Zeitpunkt, als sich diese Geschichte zutrug, noch minderjährig und dementsprechend etwas schreckhaft war.
Es war in einem kalten Frühling mitten in der Toskana, in einem Hotel, das in den grünen Hügeln des Val di Nievole lag. Eine von uralten Zypressen gesäumte Allee führte zu dem auf einem separaten Hügel gelegenen schlossartigen Hotel (ich schätze, 16. bis frühes 17. Jahrhundert), eingerichtet mit Stilmöbeln aus dem 19. Jahrhundert. Die Möbel waren dunkel, die ebenso dunklen Türen knarrten melodisch, die Badewanne stand auf güldenen Löwentatzen und die Wand des Badezimmers schmückte ein Engel-Fresko. Dank der früh einsetzenden April-Dunkelheit begann auch die Nacht entsprechend früh. Durchs Fenster sah man hinter dem östlichen Hügel das gelbe Licht von Florenz. Im Schloss aber war man allein, wenn die Frühlingswinde um das alte Gemäuer pfiffen, und die Türen knarrten, wenn die noch nicht so zahlreichen Gäste in ihre Gemächer schlichen.
Eines Abends waren Muddi und Vaddi noch auf einem Mondscheinspaziergang, während ich mich schlaflos im Kinderzimmer auf der schmalen Matratze wälzte, als plötzlich... Fortsetzung folgt! Bis dahin freue ich mich über Vorschläge, was sich wohl ereignet haben mag, als Kommentar gleich unter diesem Post oder bei Twitter (rechts in der Toolbar).
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10.12.2009
Wo die Ostseewellen trecken an die Fähre
Seit alle Grenzen gefallen sind wie Dominosteine auf RTL oder am Brandenburger Tor, ist die Ostsee so befahren wie die A1. Oder die A100. Aus deutschen Gefilden kann man exotische Reisegebiete wie Polen, Litauen, Lettland, Estland und Russland ansteuern. Skandinavien geht auch, ist aber deutlich teurer. Und old-fashioned. Das alte Nordeuropa eben. Und eine Fährfahrt nach Riga dauert auch viel länger als die nach Göteborg und ist dementsprechend aufregender.
Man fühlt sich ja immer noch ein bisschen wie Agenten, die ins kalte Herz des Bösen reisen. Wenn man auf den Wellen so dahinreitet und weiß, noch ein paar Kilometer geradeaus liegt Kaliningrad, dann hat das irgendwie etwas, na, gruselig ist nicht der richtige Ausdruck, aber es ist nicht so wie beim Herannahnen an Göteborg. Wenn man nicht an Kaliningrad, sondern an Königsberg denkt, macht das die Sache nicht besser. Das ist blutige Erde, die da vor einem liegt, weit entfernt genug, dass man sie nicht sieht, und doch schon ganz nah.
Es war im Winter, wieder im Dezember, als ich eines sehr späten Abends die dunkel rauschende Ostsee hinter mir ließ und eine Stadt betrat, die von den typischen gelben Natriumdampflampen erhellt wurde. Vorerst sah ich von ihr nicht mehr als riesige Kräne, die den Hafen bevölkerten, dunkelgraue Gitterriesen vor schwarzem Himmel. Ein fremdes Land, Litauen, lag vor mir. Das Land, das seit 63 Jahren keiner aus meiner Familie betreten hatte. (Und hier der Warnhinweis: Hier wird keinem Revanchismus gehuldigt, hier soll nicht für die Anfechtung der Oder-Neiße-Grenze plädiert werden.) Das ist der östlichste Ort und zugleich der nördlichste, der einmal deutsch war. Runter von der Fähre und rauf auf eine litauische Straße. Aufregend.
Der Hafen liegt bald links von mir, rechts liegt die Stadt. Klaipéda. Memel. Vom Autofenster aus sieht sie so aus, wie man sich eine real existierende sozialistische Stadt vorstellt: Plattenbauten, verwittert, bröselnd. Aber diese Einkaufszentren! An jeder Straßenkreuzung steht so ein Riesenkasten, einer größer und moderner als der andere. Blühende Landschaftsinseln. Ich stiere aus dem Fenster, und auch wenn es bald Mitternacht ist und noch eine Stunde Fahrt vor mir liegt, bin ich nicht müde. Irgendwann biege ich ab, ins Dunkel. Trotz dieser späten Stunde, trotz dieser untouristischen Jahreszeit sitzt in dem kleinen Kartenhäuschen, einsam auf dem großen leeren Parkplatz, eine Kartenverkäuferin. Da eigentlich klar ist, was ein deutsches Auto um diese Zeit an der Memel am Fährhafen will, verständigen wir uns schnell. Vor mir steht schon ein Auto, und tatsächlich rollen noch ein paar hinter mir heran. Dann kommt die Fähre, gleitet über das Kurische Haff, legt an der Nehrung an und schwupps! betrete ich mittels meines fahrbaren Untersatzes kurische Erde.
Der Name meiner Vorfahren kommt von hier, kommt vom Volk der Kuren, einem alten prussischen Volk, das sich vor Jahrhunderten hier ansiedelte. Weiter nördlich in Lettland gibt es heute noch die Landschaft Kurland. Im 16. oder 17. Jahrhundert besaß dieser winzige Landstrich sogar ein paar Hektar in Übersee, auf Trinidad und Tobago. Und jetzt bin ich hier, und müsste ich nicht etwas Besonderes fühlen? Ja, schon. Die Straße, die jetzt unter meinem Auto abrollt, ist die alte Reichsstraße 1, die über Königsberg nach Aachen führte. Es ist die Straße, auf der der preußische König mit seiner Luise nach Memel flüchtete, als die Franzosen in Berlin standen, als Memel kurze Zeit die Hauptstadt Preußens war, die Straße, auf der der Große Kurfürst im Winter die Schweden jagte. Wie lange, lange ist das her. Man sieht nicht viel, jetzt in der Dunkelheit, aber man ahnt viel.
Bald kommt einer der Hauptorte, Schwarzort früher, Juodkrante heute. Ein schöner Ort soll das sein, sagt mein Reiseführer, aber im Vorbeifahren sieht man nicht viel, zu dunkel. Links muss das Haff sein. Leuchtet da was? Lichter vom Festland? Kaum zu glauben, dass ich hier in dieser geschichtsbeladenen Gegend bin. Sieht man denn nichts von den Dünen? Dafür ist die Nehrung doch berühmt. Und kommt kein Elch vorbei? Göring hat hier gejagt. Durch den Nehrungswald fahre ich weiter, bis ich schließlich nach Nida abbiege, früher Nidden. Und das ist eine andere Geschichte.
Man fühlt sich ja immer noch ein bisschen wie Agenten, die ins kalte Herz des Bösen reisen. Wenn man auf den Wellen so dahinreitet und weiß, noch ein paar Kilometer geradeaus liegt Kaliningrad, dann hat das irgendwie etwas, na, gruselig ist nicht der richtige Ausdruck, aber es ist nicht so wie beim Herannahnen an Göteborg. Wenn man nicht an Kaliningrad, sondern an Königsberg denkt, macht das die Sache nicht besser. Das ist blutige Erde, die da vor einem liegt, weit entfernt genug, dass man sie nicht sieht, und doch schon ganz nah.
Es war im Winter, wieder im Dezember, als ich eines sehr späten Abends die dunkel rauschende Ostsee hinter mir ließ und eine Stadt betrat, die von den typischen gelben Natriumdampflampen erhellt wurde. Vorerst sah ich von ihr nicht mehr als riesige Kräne, die den Hafen bevölkerten, dunkelgraue Gitterriesen vor schwarzem Himmel. Ein fremdes Land, Litauen, lag vor mir. Das Land, das seit 63 Jahren keiner aus meiner Familie betreten hatte. (Und hier der Warnhinweis: Hier wird keinem Revanchismus gehuldigt, hier soll nicht für die Anfechtung der Oder-Neiße-Grenze plädiert werden.) Das ist der östlichste Ort und zugleich der nördlichste, der einmal deutsch war. Runter von der Fähre und rauf auf eine litauische Straße. Aufregend.
Der Hafen liegt bald links von mir, rechts liegt die Stadt. Klaipéda. Memel. Vom Autofenster aus sieht sie so aus, wie man sich eine real existierende sozialistische Stadt vorstellt: Plattenbauten, verwittert, bröselnd. Aber diese Einkaufszentren! An jeder Straßenkreuzung steht so ein Riesenkasten, einer größer und moderner als der andere. Blühende Landschaftsinseln. Ich stiere aus dem Fenster, und auch wenn es bald Mitternacht ist und noch eine Stunde Fahrt vor mir liegt, bin ich nicht müde. Irgendwann biege ich ab, ins Dunkel. Trotz dieser späten Stunde, trotz dieser untouristischen Jahreszeit sitzt in dem kleinen Kartenhäuschen, einsam auf dem großen leeren Parkplatz, eine Kartenverkäuferin. Da eigentlich klar ist, was ein deutsches Auto um diese Zeit an der Memel am Fährhafen will, verständigen wir uns schnell. Vor mir steht schon ein Auto, und tatsächlich rollen noch ein paar hinter mir heran. Dann kommt die Fähre, gleitet über das Kurische Haff, legt an der Nehrung an und schwupps! betrete ich mittels meines fahrbaren Untersatzes kurische Erde.
Der Name meiner Vorfahren kommt von hier, kommt vom Volk der Kuren, einem alten prussischen Volk, das sich vor Jahrhunderten hier ansiedelte. Weiter nördlich in Lettland gibt es heute noch die Landschaft Kurland. Im 16. oder 17. Jahrhundert besaß dieser winzige Landstrich sogar ein paar Hektar in Übersee, auf Trinidad und Tobago. Und jetzt bin ich hier, und müsste ich nicht etwas Besonderes fühlen? Ja, schon. Die Straße, die jetzt unter meinem Auto abrollt, ist die alte Reichsstraße 1, die über Königsberg nach Aachen führte. Es ist die Straße, auf der der preußische König mit seiner Luise nach Memel flüchtete, als die Franzosen in Berlin standen, als Memel kurze Zeit die Hauptstadt Preußens war, die Straße, auf der der Große Kurfürst im Winter die Schweden jagte. Wie lange, lange ist das her. Man sieht nicht viel, jetzt in der Dunkelheit, aber man ahnt viel.
Bald kommt einer der Hauptorte, Schwarzort früher, Juodkrante heute. Ein schöner Ort soll das sein, sagt mein Reiseführer, aber im Vorbeifahren sieht man nicht viel, zu dunkel. Links muss das Haff sein. Leuchtet da was? Lichter vom Festland? Kaum zu glauben, dass ich hier in dieser geschichtsbeladenen Gegend bin. Sieht man denn nichts von den Dünen? Dafür ist die Nehrung doch berühmt. Und kommt kein Elch vorbei? Göring hat hier gejagt. Durch den Nehrungswald fahre ich weiter, bis ich schließlich nach Nida abbiege, früher Nidden. Und das ist eine andere Geschichte.
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Brüssel im Winter
Was sehen Sie hier? Wie Sie sehen, sehen Sie...ein Straßenschild. Es war in Brüssel. Jetzt erwarten Sie eine Reisereportage über Brüssel, oder? Voilá, hier kommt sie. (Der uninspirierteste Einstieg seit der Vereidigung von Westerwelle als Außenminister, aber bitte, wir wollen nicht kleinlich sein, entscheidend ist, was rauskommt. Hinten ist die Ente fett.)
Es war im Dezember.
Und es ist kalt im Dezember in Brüssel. Da möchte man eigentlich nur einem gemütlichen Jugendstilcafé sitzen und sich von einer flauschigen Cafékatze kraulen lassen. Oder umgekehrt, Hauptsache, etwas Warmes strömt die Speiseröhre hinunter. Es ist ja auch so windig in Brüssel, vergleichbar mit Berlin. Beiden Städten sagt man ja auch eine gewisse Unsauberkeit nach, wobei ich sagen muss: Brüssel ist deutlich schlimmer. Es gibt da Löcher im Trottoir, die als Müllkörbe genutzt werden. Wer da im Dunkeln hineinfällt, kommt vor Sonnenaufgang nicht wieder raus. Schlimm.
Schöner als in Berlin ist es in Brüssel im Supermarché. Alles ist dreisprachig, und wer es auf deutsch nicht versteht, kann vielleicht mit Niederländisch aushelfen. Die Wörter, die noch übrigbleiben, sind dann auf Französisch eindeutig identifizierbar.Auf diese Art und Weise lassen sich auch Pressekonferenzen bestreiten.
Aber wer sich im Dezember nach Brüssel verirrt, sollte eines tun: Das Haus von Victor Hortá besuchen. Jugendstil in Reinkultur. Treppengeländer wie Urwälder. Alles schwingt, blüht und gedeiht. Die Gegend drum herum blüht nicht ganz so stark, oder, sagen wir, da blüht was anderes.
Blau blühen dagegen die Schlümpfe. Wer ein Mitbringsel aus Brüssel sucht und die Daheimgebliebenen nicht mit Kugelschreiber, Baseballcap, T-Shirt, Schnürsenkel, Hosenträger, Stützstrumpf mit EU-Emblem quälen möchte, greife zu Papa Schlumpf, Schlaubi oder Schlumpfine. Knudd-e-lig!
So, und alles andere, was ich damals in Brüssel gemacht habe, fällt unter strikte Geheimhaltung. Unter vier, sozusagen. Fragen dazu beantworte ich aber gerne: Schicken Sie mir eine verschlüsselte E-Mail. Betreff: Weihnachtliche Brüsseler Hinterzimmerpolitik, 70% Kakao.
Es war im Dezember.
Und es ist kalt im Dezember in Brüssel. Da möchte man eigentlich nur einem gemütlichen Jugendstilcafé sitzen und sich von einer flauschigen Cafékatze kraulen lassen. Oder umgekehrt, Hauptsache, etwas Warmes strömt die Speiseröhre hinunter. Es ist ja auch so windig in Brüssel, vergleichbar mit Berlin. Beiden Städten sagt man ja auch eine gewisse Unsauberkeit nach, wobei ich sagen muss: Brüssel ist deutlich schlimmer. Es gibt da Löcher im Trottoir, die als Müllkörbe genutzt werden. Wer da im Dunkeln hineinfällt, kommt vor Sonnenaufgang nicht wieder raus. Schlimm.
Schöner als in Berlin ist es in Brüssel im Supermarché. Alles ist dreisprachig, und wer es auf deutsch nicht versteht, kann vielleicht mit Niederländisch aushelfen. Die Wörter, die noch übrigbleiben, sind dann auf Französisch eindeutig identifizierbar.Auf diese Art und Weise lassen sich auch Pressekonferenzen bestreiten.
Aber wer sich im Dezember nach Brüssel verirrt, sollte eines tun: Das Haus von Victor Hortá besuchen. Jugendstil in Reinkultur. Treppengeländer wie Urwälder. Alles schwingt, blüht und gedeiht. Die Gegend drum herum blüht nicht ganz so stark, oder, sagen wir, da blüht was anderes.
Blau blühen dagegen die Schlümpfe. Wer ein Mitbringsel aus Brüssel sucht und die Daheimgebliebenen nicht mit Kugelschreiber, Baseballcap, T-Shirt, Schnürsenkel, Hosenträger, Stützstrumpf mit EU-Emblem quälen möchte, greife zu Papa Schlumpf, Schlaubi oder Schlumpfine. Knudd-e-lig!
So, und alles andere, was ich damals in Brüssel gemacht habe, fällt unter strikte Geheimhaltung. Unter vier, sozusagen. Fragen dazu beantworte ich aber gerne: Schicken Sie mir eine verschlüsselte E-Mail. Betreff: Weihnachtliche Brüsseler Hinterzimmerpolitik, 70% Kakao.
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